Sizilien

10. – 19. Juli 2022 (PDF-Version)

Die Südküste von Sizilien zu besegeln um dann bis Riposto hoch zu kreuzen, war sicherlich eine gute Idee. Adi und Urs begleiteten uns ab Trapani auf diesem Törn. Die Windbedingungen entsprachen den Erwartungen und die landschaftlichen Höhepunkte liessen unsere Herzen höher schlagen. Doch zuerst war noch die Überfahrt von Sardinien nach Sizilien an der Reihe.


Der Törn in Sizilien musste erst mal verdient werden: Zuerst mussten wir nämlich von Sardinien her die Überfahrt bewältigen. Immerhin waren das 160 Meilen, wenn wir ab Caligari den kürzesten Weg nehmen wollten. Unsere letzten Gäste (Cordula, Marco und Rolf) hatten uns in Olbia verlassen und Urs begleitete uns nun die vier Tage bis an die Südspitze von Sardinien. Von den drei Häfen blieb uns nur Santa Maria di Navarrese in guter Erinnerung. In der leeren Marina Corallo wurden wir von Guardia Finanza kontrolliert. Dank Regis Charmeoffensive wollten sie nur die Bootspapiere und Pässe sehen, den Steuerstatus (als Non-EU Yacht!) interessierte sie erstaunlicherweise nicht. Da wir vor der nachfolgenden Störung mit Starkwind in Sizilien ankommen wollten, entschieden wir uns spontan, die Überfahrt um einen Tag vorzuverlegen.

Marina Santa Maria di Navarrese (Bild Marina S.M. Navarrese)
… die Windprognosen für die Überfahrt sehen recht flau aus!

Am Mittwoch 06. Juli legen wir morgens um sieben Uhr von der Marina Corallo ab. Wie erwartet hatte es noch keinen Wind. Wir motorten mit Kurs Südost die ersten dreissig Meilen Richtung Trapani. Um Mittag kam wie erwartet Wind auf, so dass wir mit dem Reacher-Vorsegel rund zwanzig Meilen mit vier bis sechs Knoten Fahrt segeln konnten. Unter Segel genossen wir um acht Uhr das Nachtessen. Von Steuerbord näherte sich das Kreuzfahrtschiff „Costa Smeralda„. Ich benutzte die Gelegenheit, um über Funk den neuesten Wetterbericht nachzufragen. Bereitwillig gaben sie Auskunft: „South East max. 10 knots, mostly calm„. Wir bedankten uns höflich, „Have a good watch, Sarabella out“. Und ziemlich windlos wurde es nach Mitternacht, nachdem wir unter Vollmond gemütlich dahingesegelt waren und uns schon auf eine „magische“ Segelnacht freuten. Doch um ein Uhr morgens fiel der Wind ganz zusammen und wir mussten den Rest motoren. Nach 26 Stunden legten um 10.15 Uhr wir in Trapani in der Marina Arturo Stabile an und waren echt enttäuscht von der Umgebung. Der gegenüber liegende Handelshafen war lärmig und die vorbeifahrenden Boote liessen jedesmal die Sarabella am Steg auf und ab tanzen.

Der Video sieht besser aus als die Realität
Action am Liegeplatz – aber auch viel Lärm

Zuerst hatten wir aber noch eine wichtige Reparatur geplant und wird zweifelten, ob dies hier klappen würde: Ein Propeller des Bugstrahlruders war wegen einer Mooringleine besxhädigt und musste ausgetauscht werden; notabene lag er unter der Wasserlinie und wir waren nicht sicher, ob sich das mit einem Taucher lösen liess. Aber Stephanos, der junge Manager organisierte professionell den Ersatzpropeller und den Taucher. Dies alles geschah unter den Argusaugen des Padrone Arturo Stabile, der zwar einen leicht debilen Eindruck machte und an Stöcken lief, aber offenbar überall noch dabei sein wollte. In einem Kessel, den der Taucher mit Wasser füllte – Metall schwimmt bekanntlich nicht – mussten wir ihm die Werkzeuge und Ersatzteile herunter reichen und nach einer halben Stunde hatte Nico den Austausch erledigt und wir waren 150 Euro ärmer, aber immer noch besser, als die Sarabella auswassern zu müssen. Das wäre echt teuer geworden!

Das Bugstrahlruder mit dem defekten Propeller (links)
Alle drei Blätter sind abgerissen
Nico der Profitaucher tauscht den Propeller im Wasser

Nun stand uns noch ein schöner Ausflugstag bevor, den wir für den Besuch des mittelalterlichen Erice benutzen wollten. Es thront auf 750 Meter über Meer auf der Bergspitze des gleichnamigen Berges, geschützt von zyklopischen Stadtmauern. Eine romantische Kleinstadt, die seit Jahrtausenden die wechselvolle Geschichte Siziliens miterlebt hat, ja manchmal auch mit erleidet hat. Punier, Römer, Araber, Normannen – alle waren mal da gewesen.

Eine der imposanten Kirchen …
Der Hauptplatz mit Bürgermeistersitz
Auf 750 Meter ü.M. ist es trotz Sonne recht kühl

Auch die Provinzstadt Trapani schauten wir uns gerne an. An den imposanten Häusern sah man, dass diese Stadt einmal reich gewesen war, reich wegen der Salzgewinnung, die auch heute noch ihre Bedeutung hat. Die leicht herunter gekommene Stadt strahlte einen ganz eigenen Charme aus, der uns irgendwie gefiel.

Trapani bietet viele architektonische Fazetten.
Die „Velsheda“ – eine berühmte America’s Cup Yacht von 1933!

Am Samstag war Adi, der Sohn von Urs an Bord gekommen, so dass wir am Sonntag gleich ablegen konnten. Was wird uns wohl die Südküste von Sizilien bringen? Berühmt ist sie nicht für ihre Windbedingungen, doch immerhin lagen auf dieser Strecke zwei Städte, die zum Unseco Weltkulturerbe gehören: Ragusa und Siracusa. Doch kaum waren wir ein paar Meilen gesegelt und zwar mit überraschend guten drei Beaufort, sahen wir ein nautisches Kulturstück: Die ehemalige America’s Cup Yacht „Velsheda„, die 1933 gebaut worden war und viele Rennen gewonnen hatte. Sie war 1980 aus ihrem Wrackdasein gerettet worden und für sehr teures Geld beinahe in der Originalversion wieder instand gesetzt worden. Wir hatten sie sogar im Hafen von Trapani bewundert, ohne zu wissen, welche Berühmtheit wir hier vor Augen hatten! Und da segelte sie mit 700 Quadratmeter Segelfläche vor unserer Nase durch. Was für ein Anblick und es sollte noch besser werden!

Der Wind frischte noch mehr auf, so dass wir das Grosssegel zweimal reffen mussten. Jetzt herrschte wirklich Kaiserwetter und schon nach einer Stunde kam Marsala, unser geplantes Etappenziel, in Sicht. Allzu gerne hätten wir hier angelegt, da Regi und ich als frisch Vermählte in dieser Stadt vor 42 Jahren (1980) an einer verrückten Winterregatta teilgenommen hatten und dies eigentlich unsere Hochzeitsreise gewesen war. Gesegelt hatten wir zwar nur einen Tag, da alle weiteren Regatten wegen Sturm abgesagt worden waren und die Boote – immerhin 300 kg schwere Lightnings – am Boden befestigt werden mussten.

Wir wären ja keine Segler, wenn wir trotz aller Sentimentalitäten nicht entschieden hätte, den guten Wind zu nützen und bis zur nächsten Marina (Sciacca) weiterzusegeln. Das waren weitere dreissig Meilen und der Navigationcomputer errechnete eine geschätzte Ankunftszeit von zwanzig Uhr abends. Nun, dies war kein Problem, schliesslich war es bis neun Uhr hell. Ein Telephon in die Marina war aber ernüchternd: „Sono completo!“ und wir waren erst für morgen angemeldet. Ankern vor der Marina wäre ein Möglichkeit gewesen, aber Regi fühlte sich nach zehn Stunden segeln nicht mehr motiviert noch zu kochen. „Dann gehen wir halt ins Päcklein“, meinte ich, wie wir uns das von der Nord- und Ostsee gewohnt waren, jedoch im Mittelmeer verpönt ist. So completo sah die Marina nämlich nicht aus. Wir hatten Glück: Ein nettes spanisches Ehepaar erlaubte uns, an ihrer kleinen Yacht die Leinen zu belegen. Der Marinero entschuldigte sich wortreich, weshalb die Mooringleinen fehlten, doch wir waren froh, möglichst schnell ins Dorf zu kommen um noch etwas zu Essen zu kriegen. Aber auch das musste verdient werden: Wir stiegen gefühlte hundert Meter endlose Treppen hoch, bis wir endlich im Dorf und in einem Restaurante der exklusiveren Art landeten. Pesce, Crostacei (Muscheln) und diverse Antipasti landeten auf dem Tisch. Tutto bene, bona serata und ab in die Koje.

Heute abend wollten wir endlich mal vor Anker gehen um ein wenig die Bordkasse zu schonen. Jede Marina verlangte zwischen 80 und 150 Euro und unser exklusives Nachtessen gestern in Sciacca hatte auch 170 Euro gekostet. Wie sagt man doch: „Segelst du im Mittelmeer, ist deine Kasse bald mal leer.“ Die Segelstrecke bis nach San Leone Bagni war leichtwindig, aber besser als die Vorhersage. Offenbar hatte sich der thermische Wind von Südost, der hier im Sommer üblich ist, durchgesetzt. Der Ankerplatz hinter dem Wellenbrecher der Marina war schnell gefunden und hielt uns die Dünung ab. Der Sonnenuntergang war diesmal sensationell, was wollten wir mehr!

Küstenfahrt: Das „Weisse Cap“ (Capo Bianco)
Heute ist es praktsich windlos und 35 Grad heiss. Adi modische Kopfbedckung nützt.

Da es am Morgen wenig Wind hatte, fuhren wir nahe der Küste entlang. Sie war steil und felsig und bot wenig Ankerbuchten an. Dafür gab es ab und zu seltsame Ecken, wie zum Beispiel das „Weisse Kap“ (Capo Bianco). Da wir heute nur 20 Meilen weit kommen mussten, nahmen wir es gemütlich und schlichen am Nachmittag nur unter Reacher mit 4-5 Knoten Fahrt Richtung Licate. Schon wieder wurden wir von einem Boot der Guardia Finanza überprüft, d.h. sie fuhren längsseits und wollten lediglich wissen, woher wir kamen und wohin wir segelten. Am Schluss gab es doch noch 18 Knoten Wind so dass wir mit „Vollgas“ auf die Marina zu segelten. Das Anlegemanöver mit Seitenwind wurde knifflig. Die Marina Cala del Sole war top, die Nacht kostete lediglich € 80. Seltsamerweise war sie halb leer. Regi war glücklich, da es hier einen super Wash&Dry Raum gab. Während wir auf die Wäsche warteten, genossen wir den Apérol Spritz und bestellten Take Away Pizzas, die wir auf dem Schiff assen.

Die Marinas von Ragusa und Marzamemi waren zwar gute Zwischenstopps, aber eigentlich zog es uns so schnell wie möglich nach Sircusa, dieser berühmten Meerstadt, die nicht nur als Filmkulisse benutzt wird, sondern auch echtes, pulsierendes Leben und typisch italienisches Ambiente austrahlte. Wir konnten uns kaum satt sehen an den vielen schmalen Gässchen mit ihren Minirestaurants, Lädelchen und den romantischen Hauseingängen.

Siracusa ist eine faszinierende Stadt mit unendlich vielen Gässchen, Ecken und romantischen Hauseingängen.

Die zwei folgenden Segeltage von Siracusa bis Riposto waren windarm. Die erste Nacht verbrachten wir vor Anker beim Capo Mollini mit sensationeller Aussicht auf den rauchenden Ätna. Der Anker hielt erstaunlich schnell, was nicht immer ein gutes Zeichen ist. Am Morgen hatten wir dann tatsächlich Probleme den Anker zu heben; er war unter einem Felsen verklemmt. Mit Motorkraft kam er frei, war aber ein bisschen verbogen!

Das Ankern vor Riposto war anfangs gemütlich und wir konnten uns abkühlen, es war 35 Grad heiss. Regi kochte wieder mal ein super gutes Nachtessen! Diesmal hielt der Anker im Kiesgrund nicht gut, aber es war windlos und wir liessen 70 Meter Kette raus; das reichte erfahrungsgemäss für stille Nächte. Leider hatte es viel Dünung während der Nacht, was der Crew wenig behagte. Das Morgenbad und der erste Kaffee hoben aber die Laune schnell. Am Abend ging Adi von Bord. Urs blieb noch an Bord und wird die Überfahrt nach Korfu – nochmals 250 Meilen – mit uns machen.

Törnstrecke: Trapani – Sciacca – Licate – Marzememi – Siracusa – Riposto – Rocello – Crotone – Leuca – Korfu. Total 550 sm

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